Kaffeekirschen in Kolumbien
#Kaffeewissen

Wie stehen wir zum Bio-Siegel für Kaffee?

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Ein Beitrag von Hannes in der Kategorie #Kaffeewissen vom 18. März 2016

Unsere Kaffees werden biologisch und ohne den Einsatz von Chemikalien oder Pestiziden angebaut. Doch nicht jede Sorte trägt auch ein Bio-Siegel. In diesem Beitrag erklären wir warum und gehen darauf ein, wie sich Bio-Siegel im Kaffeehandel auswirken und welche Rolle diese für unser Handelsmodell spielen.

Was bedeutet das EU-Bio-Siegel?

Ein Bio-Siegel ist ein Güte- und Prüfsiegel, mit welchem Erzeugnisse aus ökologischem Landbau gekennzeichnet werden. Die Genehmigung zur Verwendung eines Siegels wird vom Herausgeber reglementiert und ist an die Einhaltung gewisser Standards und Auflagen geknüpft. Die Einhaltung der Kriterien durch die Erzeuger wird durch eine Dokumentationspflicht sowie regelmäßige Entnahme und Untersuchung von Warenproben gewährleistet.

Das populärste Gütesiegel für ökologischen Landbau in Europa ist das EU-Bio-Siegel. Überwacht wird die Einhaltung der Bestimmungen für alle Bio-Produkte in der EU durch die jeweils zuständige Öko-Kontrollstelle, bei Verwendung eines Verbandssiegels zusätzlich durch den jeweiligen Anbauverband. Für Coffee Circle ist dies z.B. die BCS Öko Garantie. Das Siegel hat zum Ziel, den ökologischen Landbau und damit verbunden eine höhere Artenvielfalt, mehr Tierschutz und eine weniger belastende Anbauweise zu fördern. Wichtige Kriterien sind beispielsweise, dass die Verwendung chemisch synthetischer Pflanzenschutzmittel und synthetischer Düngemittel untersagt sind. Ebenso gilt ein absolutes Verbot für die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen.

Was bedeutet das Bio-Siegel für Kaffee?

Angewandt auf das Produkt Kaffee bedeutet das Bio-Siegel, dass eine Öko-Kontrollstelle wie z.B. BCS Öko Garantie, die komplette Wertschöpfungskette überprüft. Zunächst muss der Produzent im Ursprung bio-zertifiziert werden. Dazu werden die Farmer bzw. die Kooperative jährlich überprüft, d.h. es werden Interviews geführt, die Anbauweise begutachtet und Rohkaffeeproben untersucht. Für diese Zertifizierung zahlt eine Kooperative in etwa 3.000 Euro Gebühr. Bei erfolgreicher Zertifizierung kann die Kooperative ihren Kaffee als bio-zertifizierten Kaffee zu einem Premium von 30 US Cents pro Pfund anbieten, was einem Mehrpreis von ca. 0,60 Euro pro kg entspricht.

Der Rohkaffee-Einkäufer kann dann entscheiden, ob er den Rohkaffee mit oder ohne Bio-Zertifikat erwerben möchte. Das Bio-Siegel muss also vom Käufer nicht verpflichtend abgekauft werden. So sind z.B. Käufer aus den USA nicht dazu verpflichtet, für das Bio-Siegel zu zahlen, da ihnen das EU-Bio-Siegel keinen Mehrwert bietet.

Wenn der Käufer das Preis-Premium zahlt, kann er das Bio-Siegel weiterverwenden und es auf der Verpackung der Röstkaffees abdrucken. Voraussetzung ist, dass die weiteren Verarbeitungsschritte (das Rösten, Abfüllen und das Vertriebslager) ebenfalls bio-zertifiziert sind. Das bedeutet, dass unsere Kaffeerösterei, also Coffee Circle als Inverkehrbringer, ebenfalls von einer Bio-Kontrollstelle zertifiziert sein muss. In der Praxis unterliegen wir mit der Rösterei auch einer jährlichen Inspektion und müssen dafür Zertifizierungskosten in Höhe von ca. 1.000 Euro aufwenden.

Ist bei uns normal

Welche positive Wirkung hat die Bio-Zertifizierung in den Anbauländern?

Eine Biozertifizierung hat vielfache positive Wirkungen in den Anbauländern. Erstens wird durch die Zertifizierung ein Bewusstsein für die Bedeutung des biologischen Anbaus geschaffen. Im Idealfall werden die Farmer für ihre ökologische Anbauweise zudem auch monetär belohnt, da der Rohkaffee im besten Fall mit dem Preis-Premium verkauft wird. Durch den ökologischen Anbau wird sichergestellt, dass die Böden keiner Pestizidbelastung unterliegen und die Artenvielfalt nicht gefährdet wird. Zudem werden die Arbeiter in den Kooperativen keinen gesundheitlichen Risiken durch die Pestizidanwendung ausgesetzt, was zum Teil sehr kritisch zu betrachten ist (mehr dazu in der NDR Dokumentation „Bittere Ernte“).

Des Weiteren bergen Pestizide und chemische Düngemittel ein Risiko für die Qualität des Kaffee, da die geschmackliche Komplexität durch chemische Behandlung beeinträchtigt werden kann. Durch biologischen Anbau hingegen bleibt die Qualität erhalten. Als letzten Punkt kann das Thema Buchhaltung und Verwaltung angeführt werden. Im Zuge des Zertifizierungsprozesses muss die Kooperative alle verfügbaren Daten transparent darlegen und verwalten. Diese freiwillige administrative Kontrolle sorgt in der Praxis dafür, dass sich Kooperativen professionalisieren und transparent arbeiten.

Nach der Röstung sind Chemikalien im Kaffee nicht mehr nachweisbar

Bio-zertifizierter Röstkaffee ist im Gegensatz zu vielen anderen Lebensmitteln nicht zwingend gesünder als konventioneller Röstkaffee, da mögliche Giftstoffe, die noch auf den Rohkaffeebohnen haften, durch den Röstprozess vernichtet werden. Nach der Röstung können, selbst bei stark pestizid-verseuchtem Rohkaffee, keine Rückstände mehr nachgewiesen werden. Denn unter der Rösttemperatur zersetzen sich diese Chemikalien. Die organischen Verbindungen werden dabei in CO2-Oxide umgewandelt, die als Gas entweichen und so nicht mehr nachweisbar sind. Trotzdem ist für uns der biologische Anbau ein Einkaufskriterium.

Problematik: Zertifizierungskosten im Ursprungsland sind hoch

Das Bio-Siegel ist nicht unproblematisch, da die Zertifizierungskosten im Ursprung hoch sind und so eine Eintrittsbarriere insbesondere für junge und wenig etablierte Kooperativen darstellen kann, die noch nicht die benötigten Mittel für die Zertifizierung aufbringen können. Da es keine internationale Abdeckung des Bio-Siegels gibt, ist das EU-Siegel für internationale Käufer irrelevant. Aus diesem Grund ist es für eine Kooperative im Vorfeld ungewiss, ob sie überhaupt zusätzliche Erlöse aus der Zertifizierung erzielt, die die Zertifizierungskosten übersteigen. Unter Umständen ist für US-Käufer ein anderes Siegel wie z.B. Rainforce Alliance marktrelevant. Um dies zu erlangen, müsste die Kooperative jedoch erneute Zertifizierungskosten aufwenden, wodurch das Risiko weiter steigt, dass sich die Kosten für die Zertifizierung nicht tragen.

Auch unsere Erfahrung mit Übernahme der Erstkosten für eine Bio-Zertifizierung waren nicht optimal. Als wir der Kooperative Ilketunjo vor zwei Jahren die Erstzertifizierung finanziert haben, hat anschließend leider kein anderer Käufer den Rohkaffee als bio-zertifiziert erworben. Daher war der Kooperative die Fortführung der Zertifizierung zu risikoreich und sie hat diese nicht weitergeführt. Die Weiterführung kostet jährlich weiterhin eine Gebühr von ca. 3.000 Euro.

Ein weiterer Kritikpunkt am Bio-Siegel ist außerdem, dass das Siegel nicht mit Qualität verknüpft ist. Stattdessen kann ein typischer Bio-Kaffee vergleichsweise sogar von minderwertiger Qualität, da das Preis-Premium für das Bio-Siegel mit in den Endkundenpreis einkalkuliert wird. Da der Preis immer noch das wichtigste Kaufargument darstellt, soll dieser bei den großen Firmen natürlich nicht zu hoch ausfallen und daher kaufen sie eher niedrigere Kaffeequalität ein.

Fazit: Was heißt das Bio-Siegel speziell für Coffee Circle in Äthiopien?

In Äthiopien findet der Kaffeeanbau zu 95% durch „Smallholder Farmer“, also durch Kleinbauern in traditioneller Anbauweise statt. Das bedeutet, dass die Kaffeepflanzen in Mischkulturen angebaut sind und ohnehin auf biologische Weise ohne Einsatz chemisch synthetischer Pflanzenschutzmittel und synthetischer Düngemittel angebaut wird.

Für uns bedeutet das konkret, dass die biologische Anbauweise unabhängig von der Zertifizierung eine Kaufvoraussetzung ist. Wir sind persönlich vor Ort und begutachten die lokalen Bedingungen und kaufen den Kaffee nur ein, wenn wir sicher sind, dass keine chemischen oder synthetischen Mittel eingesetzt wurden. Qualität spielt für uns eine größere Rolle als eine Zertifizierung. Das heißt, wir kaufen unsere Kaffees vorzugsweise mit einem Bio-Siegel ein, wenn die Kooperative bio-zertifiziert ist, aber wenn kein Siegel vorhanden ist, ist das für uns kein Ausschlusskriterium.

Der Kaffee wird auf Drying Beds zum Trocknen ausgelegt

Fair Trade Siegel im Vergleich