Kaffeeplantage in der Nähe der Macenta Beans-Station

Guinea — Ein langer Weg im Kampf um Anerkennung

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Guinea wird als Ursprungsland von Kaffee stark unterschätzt. Doch die Produzent:innen des Landes kämpfen seit einigen Jahren verstärkt für ihren Platz auf dem Spezialitäten-Markt — mit wachsendem Erfolg. Werfen wir einen Blick auf das westafrikanische Land.

In William Ukers Buch “All About Coffee” (1922, veröffentlicht von Benediction Classics 2009) steht in einer Tabelle über Kaffee-Exporteure auch das Land Guinea. Unter “Trade Values and Cup Characteristics” steht dort: Commercially unimportant. Das Land hat, nicht zuletzt wegen der französischen Kolonialherrschaft, eine bewegte, wechselhafte Geschichte auch in Bezug auf Kaffee hinter sich. In 100 Jahren hat sich viel getan. Guinea verdient noch mehr Aufmerksamkeit, denn in dem Land steckt vor allem als Produzent von Robusta noch Potential, das auf dem internationalen Markt ausgeschöpft werden kann.

2022 haben wir den Djafa in unser Portfolio aufgenommen, einen 100 % Robusta als Single Origin aus Guinea mit Noten von Marzipan und Nougat. Der Kaffee wurde von einer Kaffee-Produzentengruppe auf knapp 700 m Höhe im Verwaltungsbezirk Sengbendou in der Region Macenta angebaut und von Macenta Beans produziert. Macenta Beans betreibt Washing Stations und unterstützt die Farmer:innen somit bei der Verarbeitung. Hinter Macenta Beans steckt Mamy Dioubaté, ein gebürtiger Guineer, der in Deutschland studiert hat und seit langen Jahren in Berlin lebt. Er begann seine Doktorarbeit über die globale Wertschöpfungskette von Kaffee am Beispiel von Uganda und Vietnam zu schreiben, bevor er Macenta Beans Mitte 2019 gründete.

Dass Guinea als Ursprungsland von Kaffee noch immer unterschätzt wird, führt Mamy auch auf die mangelnde Statistik zurück: “Wir kennen die genauen Zahlen nicht. Das hat verschiedene Gründe. Der bedeutendste ist, dass die Regierung in die Landwirtschaft kaum investiert. Guinea konzentriert sich auf den Bergbau, während für andere afrikanische Länder die Landwirtschaft wirtschaftlich bedeutender ist. Es gibt hier viele Minen, weil Guinea viele Bodenschätze hat wie zum Beispiel Bauxite, Gold, Kupfer etc. Die Regierung fördert diese Minen und den Abbau. Trotzdem sind 70 % der Bevölkerung abhängig von der Landwirtschaft. Es wird mehr Kaffee produziert, als behauptet wird. Kaffee gelangt über Landwege in Nachbarländer, die ihn anschließend exportieren. Senegal, beispielsweise, produziert selber keinen Kaffee, wird jedoch in Listen über Exportnationen von Kaffee oft vor Guinea genannt. Der Kaffee, der von Senegal exportiert wird, stammt aber aus Guinea.”

Mamy Dioubaté zu Beginn von Macenta Beans
Mamy Dioubaté zu Beginn von Macenta Beans

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Eine Mitarbeiterin von Macenta Beans bei dem Trocknungsprozess des Kaffees

Guinea exportiert nicht nur nach Senegal und Mali. Auch in Nordafrika, in Marokko und Algerien, ist guineischer Kaffee außerordentlich beliebt. Zur Kolonialzeit wurde er direkt nach Frankreich importiert, vor allem weil die Qualität des Kaffees geschätzt wurde. Guinea war von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis Ende der 1950er-Jahre französische Kolonie. Für die Franzosen war das Land von essentieller wirtschaftlicher Bedeutung. Nach der Unabhängigkeit öffneten sich andere Exportwege.

Als Kaffeeland litt Guinea unter dem Ende der Kolonialzeit, denn das anschließende sozialistische Regime unter Sékou Touré besteuerte den Kaffeesektor stark. Infolgedessen begannen Farmer:innen, sich auf andere Ernten zu verlegen. Als Konsequenz wurde der Kaffeemarkt in Guinea demobilisiert. Doch Mamy hat in den vergangenen Jahren einen erfreulichen, vielversprechenden Wandel beobachtet: “Jetzt gerade findet eine Wiederbelebung statt. Es zeichnet sich eine Tendenz ab. Die Menschen hier wollen sich mehr engagieren. In der Kaffeegeschichte unseres Landes — und nicht nur hier — gab es immer wieder Enttäuschungen aufgrund der Volatilität des Kaffeepreises und der hohen Erwartungen der Farmer:innen, die nicht immer befriedigt werden konnten.”

Mit dem wachsenden Spezialitäten-Markt werden immer mehr Unternehmer:innen und Produzent:innen auf die Potentiale des Kaffeelands Guinea aufmerksam. Die Region könnte vor allem aufgrund der wachsenden Popularität von Robusta bzw. Canephora ihren großen Siegeszug antreten. Guinea eignet sich aufgrund seines Klimas hervorragend für den Anbau von Canephora. Doch auch geringe Mengen Arabica und Liberica werden hier produziert, wie auch Stenophylla, die Wissenschaftler Aaron Davis als Hoffnungsträger in Zeiten des Klimawandels auserkoren hat.

Bislang galt Stenophylla außerhalb der Elfenbeinküste als ausgestorben, bevor es in Sierra Leone und Guinea entdeckt wurde. Bei einem Geschmackstest konnten 80 % der Kaffeeexpert:innen den Unterschied zwischen Stenophylla und Arabica nicht herausschmecken. Stenophylla ist resistenter gegenüber Hitze und Regen. In einem Interview mit der BBC fasste Davis zusammen: “Unsere Erwartungen waren ziemlich gering. Dann waren wir aber begeistert, dass der Kaffee fantastisch schmeckte. Er besitzt auch Eigenschaften, die mit Klimatoleranz zusammenhängen: [Stenophylla] wächst in wesentlich wärmeren Gebieten als Arabica.” Über die Pflanze und ihr Potential könnt ihr hier mehr erfahren.

Die Nursery von Macenta Beans in Guinea
Die Nursery von Macenta Beans in Guinea

Ein steigender Bedarf an Stenophylla und Robusta sind die großen Chancen für Guinea. Mamy selbst wusste lange Jahre nichts über den Kaffeeanbau in seinem Heimatland. Als er bei Tchibo in Deutschland arbeitete, wurde er eines Tages gefragt, ob in Guinea auch Kaffee angebaut werde. Unbedarft verneinte Mamy die Frage. Erst später erfuhr er, dass das Gegenteil der Fall war. Mehr noch: Seine Oma hatte sogar Kaffee verkauft. In ihm wuchs das Bedürfnis, mehr über die Historie seiner Heimat vor allem in Bezug auf Kaffee zu erfahren: “Im Rahmen meiner nächsten Guinea-Reise habe ich versucht, noch mehr zu lernen. Ich habe mich 2017 dann als UNDP-Consultant engagiert, um mehr über die praktische Seite des Kaffeeanbaus in Guinea in Erfahrung zu bringen.”

Mamy entdeckte für sich Macenta, eine von der UNESCO geschützte Regenwaldregion, deren Boden- und Erntebedingungen für den Kaffeeanbau zu den besten der Welt zählen. 2019 wurde Macenta Beans geboren, ein Unternehmen mit Schwerpunkt auf Specialty Robusta. Zunächst galt es jedoch, die vorherrschenden Probleme zu identifizieren: “Die Farmer:innen in Macenta wussten nicht einmal, dass sie Robusta produzieren,” erinnert sich Mamy. In ganz Westafrika gab es keine Washing Station für Kaffee. Daher war oberste Priorität für Mamy und seine Kollegin Relika Stoppel, über eine Crowdfunding-Kampagne Geld für eine erste Waschanlage zu sammeln. Das Finanzierungsziel wurde innerhalb kurzer Zeit erreicht.

Relika Stoppel von Macenta Beans in Guinea
Relika Stoppel von Macenta Beans in Guinea

Probier mal

Für Mamy und Relika war es ein wichtiger Meilenstein für ihr Vorhaben, “den von Natur aus vorhandenen Wert des Kaffees aufrecht zu erhalten und zur Geltung zu bringen”, so Relika, die schon während ihrer ersten Reise nach Macenta eine erstaunliche Beobachtung machte: “Auf Autostraßen sah man Kaffeekirschen liegen. Die Kaffees werden auf Hauptstraßen gelegt mit dem Zweck, sie schnell zu trocknen und damit die vorbeifahrenden Autos die Schale entfernen. So können die Farmer:innen den Aufwand für den Hulling sparen.” Das zeigte Relika den Teufelskreis auf: Der Kaffee war zwar von Natur aus qualitativ hochwertig, brachte aufgrund des mangelnden Equipments und Verarbeitungswissens aber kaum etwas ein. Folglich waren die Farmer:innen frustriert von dem wenigen Geld, das sie für ihr Produkt erhielten. Das musste geändert werden.

Mamy Dioubaté mit seinem Team bei der Ernte 2022

Mit der ersten Washing Station in ganz Westafrika war ein erster, wichtiger Schritt getan. 2020 produzierte Macenta Beans seinen ersten eigenen Kaffee. Nun hoffen wir, mit unserem Djafa-Espresso ebenfalls einen Beitrag zur Etablierung Guineas als anerkanntes Kaffeeland geleistet zu haben. Die Bohnen mussten auch gar nicht weit reisen: Guinea ist jenes Kaffeeland, das Deutschland am nächsten ist. Äthiopien ist einige Kilometer weiter entfernt.